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Der Begriff der Proteischen Persönlichkeit ist in letzter Zeit immer häufiger aufgetaucht und findet des Weiteren immer öfter Verwendung. Genauso häufig und vielseitig sind auch die verschiedenen Meinungen dazu. Formuliert wurde der Begriff der Proteischen Persönlichkeit 1933 erstmalig von dem amerikanischen Psychologen Robert J. Lifton. Die Bezeichnung stützt sich auf den wandelbaren griechischen Meeresgott Proteus. Wandelbar deshalb, da er verschiedene Gestalten angenommen hat, um Stellungnahmen aus dem Weg zu gehen. Populär wurde der Begriff jedoch erst durch den amerikanischen Soziologen Jeremy Rifkin. Er brachte den Begriff der Proteischen Persönlichkeit im Jahre 2000 mit den in der digitalen Welt vernetzten Menschen in Verbindung. Hier werden die zur Generation Y zugehörigen Digital Natives des 21. Jahrhunderts angesprochen. Nach der allgemein herrschenden Theorie brilliert der moderne Menschentyp der Generation Y dadurch, dass er äußerst anpassungsfähig ist. Er schlüpft, wie der griechische Meeresgott Proteus, je nach Umgebung und Thema in verschiedene Rollen, um Fragen und Stellungnahmen aus dem Weg zu gehen, stellt jedoch selbst alles und jeden in Frage. Schließlich wird das »Y« in Generation Y wie das englische Wort »why« ausgesprochen. Selber soll der Digital Native sich nach Rifkin keine eigene Meinung bilden können. Sein ganzes Leben ist eine Bühne, auf dem er verschiedene Rollen für das Publikum aufführt. Der Mensch ist also Schauspieler und Publikum gleichzeitig. Je nach Umfeld und gesellschaftlicher oder privater Position spielt der Mensch eine andere Rolle und orientiert sich an jeweiligen Verhaltensregeln, die sich in dem jeweiligen Milieu etabliert haben.
Der kanadische Soziologe Erving Goffman erklärt, dass die Selbstdarstellung jedes Menschen bestimmte Regeln befolgt und in unserer Gesellschaft unvermeidbar ist. Besonders das digitale Zeitalter bringt den Menschen noch mehr Spielfläche für verschiedene Rollen.
Jede gespielte Rolle kann anders gestaltet werden und demnach auch eine andere Meinung vertreten. Für jeden Anlass ein Avatar mit passender Einstellung. Besonders im virtuellen Raum schnell und einfach umsetzbar. Diese verschiedenen Rollen sollen laut Goffman besonders die Generation Y also verwirren. Sie soll sich keine eigene Meinung mehr bilden können, die Verwirrung im World Wide Web ist einfach zu groß. Ist die Generation Y wirklich so verwirrt? Nimmt der Digital Native die Meinung der jeweiligen Rolle an, lässt sich schnell umstimmen oder hat er sogar gar keine eigene Meinung? Ich bin 1989 geboren und gehöre demnach dieser umstrittenen Geneation Y an. Liest man die Definition dieser Generation durch, so will man sich fast schon nicht zu dieser Generation bekennen. Alleine die Existenz einer Theorie über eine bestimmte Generation erscheint mir fraglich. Ja, wir passen unser Verhalten den verschiedenen Rollen an. So wie die Generation davor und die danach folgende auch. Goffman erkennt schon früh, dass bestimmte Verhaltensweisen in unserer Gesellschaft unvermeidbar sind. Die soziale Interaktion hat sich aufgrund der Digitalisierung unweigerlich auch in die virtuelle Welt verlegt. Aber wechseln wir mit jeder Rolle, in die wir schlüpfen unsere Meinung? Haben wir mehrere oder gar keine eigene Meinung mehr? Gerade in der virtuellen Welt ein leichtes Spiel. Hier widerspreche ich für mich und »meine« Generation. Eine Meinung muss erst gebildet werden. Zunächst muss sich also etwas angeeignet werden. Das erfolgt durch verschiedene Schnittstellen. Jeder hat durch sein familiäres Umfeld, seinen Freundeskreis, sein Profil in sozialen Netzwerken oder durch abonnierte Zeitschriften persönliche Schnittstellen. Diese beeinflussen die Meinungsbildung und schirmen gleichzeitig vor anderen Meinungen ab, wirken also wie ein Filter. Diese Filterung passiert nicht bewusst, sondern ist Teil des jeweiligen Umfelds. Vor allem im Netz findet eine bewusste aber auch unbewusste Filterung statt. Dieser Prozess kann mit dem Begriff »Filterbubble« zusammengefasst werden. Diese Meinungssplitter, die passend zur Persönlichkeit zusammengetragen werden, formen folglich die eigene Meinung.
Ich denke jedoch nicht, dass die Meinung jeden Tag oder je nach gespielter Rolle gewechselt wird. Eine Meinung ist nicht mit schmutziger Unterwäsche zu vergleichen. Wir wechseln sie nicht jeden Tag. Die Bildung einer eigenen Meinung ist ein fortwährender Prozess. Dieser kann sich natürlich auch an einem anderen Tag durch einen weiteren wichtigen Meinungssplitter in eine andere Richtung entwickeln. Natürlich kann man von etwas anderem überzeugt werden und seine Meinung ändern. Dies ist bei der Generation Y genauso wie in der Generation davor oder in den darauffolgenden Generationen der Fall. Die eigene Meinung ist und bleibt inmitten der zu bespielenden Rollen eine Konstante, die das Resultat eines natürlichen Prozesses beschreibt.
Quellen:
http://www.zeit.de/karriere/2016-02/soziologie-generation-y-karriere-mythos-karriereplanung
http://www.mevaleo.de/module/soziologie/generation-y-millennials.html
http://www.danielplaikner.com/menschentypen/menschentypen.html