„Zufall“ mag zwar das Thema dieser POSTR #16 Ausgabe sein, aber Design hat mit Zufall ungefähr so viel zu tun wie Fußball. Klar gibt es Glückstreffer und klar muss man manchmal ganz frei aufspielen, aber am Ende geht es um Ordnung, Raster, Beziehungen, Hierarchien. Kurz: Kontrolle. Wieviel Zufall zum Beispiel in einem Editorial-Design wie unserem Postr erlaubt sein darf, ist ziemlich offensichtlich: gar keiner. Die Druckerei streikt, wenn wir die Perforation mal ganz zufällig über den Druckbogen streuen und Leserinnen und Leser halten uns für durchgedreht, wenn wir Schriften, Größen und Farben einfach so machen, wie die Regler sich zufällig bewegen.
Kreativität wird häufig mit Regelfreiheit gleichgesetzt, aber zumindest für das Design gilt das gar nicht. Wir müssen unsere Entscheidungen begründen können und immer in den Dienst der Aufgabe stellen. Erfahrene Designerinnen und Designer zeichnen sich dadurch aus, dass sie ihre zufälligen Ergebnisse schnell nach Nutzen für die Aufgabe einordnen können. Es gibt Designprinzipien, die sich klar benennen lassen: Gleichgewicht, Abwechslung, Betonung, Kontrast, Hierarchie, Wiederholung, Muster, Bewegung, Rhythmus, Proportion, Ausrichtung, Einheitlichkeit, Weißraum. Und nur weil viele Designer und Designerinnen sich dieser Prinzipien intuitiv bedienen, heißt das nicht, dass sie das zufällig tun. Sondern mit Erfahrung.
Power is nothing without control und
Zufall is nothing without Entscheidung
Am Ende muss jemand eine Entscheidung treffen. Das gilt für Zufälle und Glitches im Kreativprozess, das gilt für das Wissen, wann eine Idee fertig ist und das gilt für die übertrieben polierten Ergebnisse von künstlicher Intelligenz. Immer muss jemand sagen: „Ja, das bringt uns weiter.“ Oder eben nicht.
Es gibt keinen magischen Augenblick, an dem die Unmenge an Fehlversuchen und Zufallsergebnissen plötzlich in einem perfekten Ergebnis aufgeht. Tausend kleine Jas und Neins führen zu einer Lösung für eine spezifische Aufgabe, die wirklich gut ist, die das Problem auf ungewöhnliche oder einfache oder überraschende Weise behebt. Das kann wie ein glücklicher Zufall aussehen, ist es aber nicht.
Dies ist ein Artikel aus unserem Magazin „Postr“, das kostenlos bestellt werden kann.